Nach der dreiwöchigen Sommerpause wurde der Prozess gegen Daniela Klette am 5. und 6. August 2025 fortgesetzt.
Ende März hat der Prozess gegen das nach Ansicht der Bundesanwaltschaft ehemaliges Mitglied der 1998 aufgelösten RAF (Rote Armee Fraktion) Daniela Klette vor dem Landgericht Verden begonnen. Angeklagt ist Klette wegen 13 Geldbeschaffungsaktionen und wegen Mordversuch an zwei Geldboten im Juni 2015 im niedersächsischen Stuhr-Mackenstedt bei Bremen. Anfangs fand der Prozess aus Sicherheitsgründen in Celle im Staatsschutzsaal des dortigen Oberlandesgerichts statt. Seit Ende Mai wird der Prozess im Ortsteil Eitze der niedersächsischen Stadt Verden fortgeführt, nachdem eine ehemalige Reithalle in der niedersächsischen Stadt Verden für 3,6 Millionen Euro zu einer hochgesicherten Festung ausgebaut wurde-
Bei dem Anklagepunkt, dem Überfall auf einen Geldtransporter in Cremlingen im Landkreis Wolfenbüttel im Juni 2016 wollen Zeug*innen zwei Männer und eine Frau beobachtet haben. Die bisherigen Aussagen der Zeug*innen haben gezeigt, welche Suggestivwirkung eine öffentliche Fahndung haben kann. Auch in dieser Region hingen damals überall die Fahndungsplakate von Daniela Klette und den noch gesuchten Volker Staub und Burkhard Garweg aus. Es besteht die sehr große Gefahr, dass die Tatzeugen daher die drei Personen, die in Cremlingen gesehen worden sind, die Gesuchten sein müssten bzw. könnten. Auch das ist nicht bewiesen, dass Daniela Klette in Cremlingen war. Der Vorsitzende Richter Engelke versucht zwar öfters durch gezielte Suggestivfragen die Zeug*innen so zu beeinflussen, dass die wahrgenommene Frau in Cremlingen Klette sein müsste.
„Im konkreten Fall haben sich die Zeugen mit der Polizei zusammengesetzt und sind dann schnell zur Auffassung gelangt, dass es sich bei den Tätern unter anderem um meine Mandantin gehandelt haben muss. Eine Frau, die als Zeugin in der Hauptverhandlung geladen war, berichtete, wie die Polizei ihr fast schon einredete, dass sie doch die gesuchten „Terrorristen“ gesehen haben müsse. Diese Umstände wird das Gericht nun präzise aufklären müssen“, so der Anwalt Lucas Theune. Folgerichtig haben am 21. Prozesstag die Anwälte einen Antrag gestellt. Sie fordern unter anderem die Analyse eines psychologischen Gutachters, der zu Falschaussagen forscht. Der Experte könne zeigen, dass zahlreiche Zeugenaussagen im Prozess gegen Daniela Klette nicht belastbar seien, hieß es. Zeugen seien unter anderem von Gesprächen mit anderen Zeugen, von sozialen Medien sowie von Berichten in Zeitungen, Fernsehen und im Internet beeinflusst. Aus Sicht der Verteidigung sind die Aussagen nicht verlässlich. „Die Zeug*innen seien etwa durch Fahndungsfotos, die überall aushingen, beeinflusst gewesen“, so der Verteidiger Ulrich Klinggraeff. Sie hätten Beschreibungen etwa zum Aussehen als Erinnerungen angegeben, die in Wirklichkeit keine eigenen Erinnerungen seien. Der Verteidiger las viele Zitate von Zeugen vor, um zu zeigen, dass sich diese vor ihren Aussagen bei der Polizei mit anderen Tatzeugen ausgetauscht hatten und Berichte über das gesuchte RAF-Trio als mutmaßliche Täter des Überfalls in Cremlingen und vorherige Überfälle kannten.
An diesen beiden Verhandlungstagen wurde ein weiterer Anklagepunkt der Überfall im Juli 1999 auf einen Geldtransporter in Duisburg verhandelt. Auch hier konnten die bisher zwei befragten Zeugen keine konkreten Aussagen mehr machen, kein Wunder nach über 25 Jahren. Beide und der Fahrer sowie der inzwischen verstorbene Beifahrer des Geldtransporters in seiner damaligen zwei Vernehmungen hatten keine Frau erkannt, sondern nur Männer wahrgenommen. Duisburg ist insofern für die Sicherheitsbehörden interessant, weil diese Aktion der erste nach der Auflösung der RAF in 1998 von vermutlichen ehemaligen Mitgliedern dieser Gruppe initiiert gewesen sein soll.
Genauso wie bei den Zeugenbefragungen zu dem ersten Anklagepunkt des versuchten Überfalls eines Geldtransporters in Stuhr-Mackenstedt im Juni 2015 wurde es sehr deutlich, dass keine Zeugin, kein Zeuge Daniela Klette erkannt hatten. Die Präsenz von ihr an den 3 Orten der Geldbeschaffungsaktionen, die bisher im Prozess verhandelt wurden, ist nicht nachgewiesen.
Den Vorwurf des versuchten Mordes hat das Gericht am letzten Verhandlungstag am 10. Juli 2025 vor der Sommerpause fallengelassen, die Kammer hat einen rechtlichen Hinweis gegeben. Der schwerste Anklagevorwurf ist also vom Tisch. Dies ist ein Erfolg der drei Verteidiger von Daniela Klette, Lukas Theune, Ulrich Klinggraeff und Undine Weyers. Sie wollen aber erreichen, dass der unterstellte Tötungsvorsatz überhaupt nicht geplant war. Die Anwälte versuchen durch einen Antrag zu erreichen, dass ein Waffenexperte durch ein Gutachten diesen unterstellten Tötungsvorsatz widerlegt.
Ariane Müller, freie Journalistin 6. August 2025
Anmerkung:
Dieser Artikel ist für die junge Welt geschrieben worden, aus unbekannten Gründen ist dieser nicht abgedruckt worden. Für die Internetseite ist der Artikel etwas überarbeitet worden.